Design Thinking bei der Vereinbarkeit

Was wir von IKEA & CO lernen können

Ich gebe es offen zu: Ich bin ein großer IKEA Fan. Mich faszinieren die vielen kleinen Details, die nur ein Ziel haben: Dem Kunden genau das zu bieten, wonach er nie gesucht hätte, die er aber begeistert in Anspruch nimmt. Ein Beispiel: die einfache IKEA Kaffeetasse. Diese hat im unteren Rand eine kleine Kerbe, aus der das Wasser, das sich in der Spülmaschine auf der Unterseite ansammelt, herauslaufen kann. So kommt die Tasse komplett trocken aus der Maschine und wandert direkt in den Schrank. Einfach aber genial!

Wir bekommen ja heute überall Lösungen präsentiert, die unser Leben leichter machen, nach denen wir aber nie aktiv gefragt oder sie uns gar gewünscht hätten. Die Touch ID beim iPhone will ich nie wieder missen, aber hätte ich danach gesucht? Wohl kaum.

Was kann ich selbst tun?

Und weil ich diese neuen Errungenschaften wirklich zu schätzen weiß, stelle ich mir selbst die große Frage: Was kann ich in meinem beruflichen Umfeld verändern, um bessere Lösungen anzubieten? Konkret also Lösungen, die die Vereinbarkeit von Beruf und Familie WIRKLICH erleichtern. Die es Arbeitnehmern und Arbeitgebern ermöglichen, Dinge zu tun und in Anspruch zu nehmen, nach denen sie nicht fragen, die sie auch nicht aktiv suchen, die ihnen aber helfen. Design Thinking für die Vereinbarkeit eben.

Die große Frage ist: Wie müsste man vorgehen, um genau das zu erreichen? Kehren wir gedanklich nochmal zurück zu den Tassen. Zunächst gab es da ein Problem, dass wir alle kennen. Es nervt, wenn man – vermeintlich trockene – Tassen kopfüber aus der Spülmaschine nimmt, sie umdreht und sich dabei ein kleiner Wasserschwall über das übrige trockene Geschirr ergießt. Nicht weil das besonders schlimm ist, aber weil es eben Mehraufwand bedeutet, alles wieder abzutrocknen. Also hat sich ein gewiefter IKEA Designer wohl gedacht: Wie kann ich dieses Ärgernis abschaffen? Indem ich dafür sorge, dass sich kein Wasser mehr in der Vertiefung am Tassenboden sammelt. Wie mache ich das? Indem ich den Rand ganz weglasse? Oder indem ich nur ein kleines Stück weglasse, aus der das Wasser abfließen kann? Er hat sich offenbar für die letzte Lösung entschieden, denn so sehen die IKEA Tassen heute aus. Eigentlich ganz einfach. Aber wären Sie je darauf gekommen?

Die offizielle Erklärung von IKEA lautet übrigens: “Die kleine Einkerbung an der Unterseite der Tasse hat die Funktion, dass das Wasser besser ablaufen kann, wenn die Tasse in der Spülmaschine war. Viele Gläser haben dies nicht, wodurch es immer wieder zu einer kleinen Schweinerei kommt.“

Design Thinking für die Vereinbarkeit?

Wie können wir diesen Ansatz nun auf die Vereinbarkeit übertragen? Zunächst einmal müssen wir herausfinden, was Familien den Alltag zwischen Beruf und Familie wirklich erschwert. Offensichtlich und altbekannt sind Dinge wie die Inkompatibilität der Öffnungszeiten von Kitas einerseits und der Arbeitszeit andererseits. Oder die Überbrückung der Ferienzeiten, wenn zwölf Wochen Schulferien sechs Wochen Urlaubsanspruch gegenüberstehen. Dafür gibt es bereits weitreichende, wenn auch nicht immer ausreichende Lösungen wie Gleitzeit, Teilzeit, Randzeiten- und Ferienbetreuung. Das läuft. Nicht immer, aber immer öfter.

Und trotzdem nimmt die Zufriedenheit nicht gerade spürbar zu. Im Gegenteil. Laut einer aktuellen Umfrage der Jobbörse Monster sind nicht einmal ein Drittel (28%) der Befragten der Meinung, dass sie beim Wiedereinstieg in den Job ausreichend unterstützt werden. Und über die Hälfte (51%) beklagen mangelnde Flexibilität von Seiten ihres Arbeitgebers. Was kann man hier also tun?

Wir müssen reden! Miteinander statt übereinander.

Aus meiner täglichen Beobachtung heraus gibt es v.a. einen Lösungsweg, der bisher viel zu wenig gegangen wird: Wir müssen mehr miteinander reden. Wir müssen den Problemen auf den Grund gehen. Wir müssen individuelle und v.a. flexible Angebot schaffen anstelle der weitverbreiteten (und häufig sehr teuren und aufwendigen) Pauschalangebote. Dabei muss jeder Arbeitgeber, abhängig von der Branche, der Demografie seiner Mitarbeiter, seiner geografischen Lage und Infrastruktur und den gesellschaftlichen Bedürfnissen im Dialog mit den Beschäftigten Lösungen finden.

Einige gute Beispiele, die ich selbst gesehen habe sind:

  • Mobiles Arbeiten ohne Einschränkungen – also keine festen Tage, Anteile an der Arbeitszeit, etc. Sondern nach Bedarf. Um frühmorgens den Stau zu umgehen. Um den Nachmittag mit der Familie zu verbringen und sich abends nochmal an den Laptop zu setzen. (NICHT um von zuhause aus zu arbeiten, während man gleichzeitig die Kinder betreut!)
  • Das Angebot von Aus- und Wiedereinstiegsgesprächen gemeinsam mit dem Partner oder der Partnerin, um Möglichkeiten und Modelle zu diskutieren und anzubieten, nach denen sonst nie gefragt würde.
  • Die Beförderung und/oder Fortbildung von Schwangeren, um die Wertschätzung und Anerkennung zum Ausdruck zu bringen und gleichzeitig die Freude auf den Wiedereinstieg zu steigern – und mit ihr das Commitment, sich wieder mit großem Einsatz in den Beruf einzubringen.
  • Job-Sharing auch in Führungspositionen, ggf. unter Zuhilfenahme einer einschlägigen Plattform.
  • Die Möglichkeit, 13. und 14. Monatsgehälter in Sonderurlaub umzuwandeln.
  • Das Angebot, Kantinenessen mit nachhause zunehmen um selbst nicht mehr kochen, sondern nur noch aufwärmen zu müssen.
  • Familienzimmer im Dienstgebäude, in die Mitarbeiter in Notfällen ihre Kinder (oder auch betreuungsbedürftigen Angehörigen) mitbringen und parallel arbeiten können.

Diese Liste lässt sich natürlich beliebig verlängern und nicht alles, was an einer Stelle sinnvoll ist und gut funktioniert, ist an anderer Stelle praktikabel oder hilfreich. Wichtig ist nur zu erkennen, dass die Lösungswege vielfältig sind. Dass sie vom Menschen her gedacht werden müssen. Vom Arbeitnehmer ebenso wie vom Arbeitgeber und der Führungskraft. Und dass sie immer wieder evaluiert, angepasst und neu ausgerichtet werden müssen. Dabei gilt ganz sicher nicht: Viel hilft viel. Sondern vielmehr: Sich auf den Weg zu machen. Zu beobachten. Fragen zu stellen. Mut zu haben und Dinge auszuprobieren. Und damit Schritt für Schritt der Lösung näher zu kommen. Wann fangen Sie an?

Design Thinking: Was ist das überhaupt? Eine gute Definition findet sich hier:  https://www.gruenderszene.de/lexikon/begriffe/design-thinking

Schaffe ich das allein? Wer kann mir dabei helfen?

Wer sich als Unternehmen auf diesen Weg begeben will, schafft das häufig nicht allein, sondern muss sich gezielt Unterstützung suchen. Eine Möglichkeit dazu bietet das audit berufundfamilie, bei dessen Durchführung alle Beteiligten – also Arbeitgeber, Führungskräfte und Mitarbeiter – zu Wort kommen. Bei dem Mitarbeiterbefragungen schriftlich und persönlich, einzeln oder in Fokusgruppen durchgeführt werden können. Das Unterstützung in Form von Schulungen und Workshops für spezielle Zielgruppen anbietet. Und das gleichzeitig ein Netzwerk gleichgesinnter Unternehmen schafft, die sich untereinander austauschen und damit weiterbringen können. 

Wenn Sie an dieser Form von Unterstützung interessiert sind, dann sprechen Sie mich an.